Desert X Prix 2022: Bis dass mal jemand ernsthaft verletzt wird

Grüße, Freunde des Rennsports,

in Saudi-Arabien, genauer gesagt in der Nähe der Planstadt Neom, hat am Wochenende die zweite Saison der Elektro-Offroad-Rennserie Extreme E begonnen. Wie immer, gewann das Team X44 von Sir Lewis Hamilton das Qualifying - im Rennen hatte dann (wie fast immer) das Team seines Ex-Teamkollegen Nico Rosberg die Nase vorn. Neben aller Kritik an der Professionalität in der Rennserie - diverse falsch geschriebene Namen auf der Teilnehmerliste, Rechenfehler bei der Ermittlung von Zeitstrafen usw. einmal ganz außen vor gelassen - habe ich jedoch mittlerweile ein weiteres großes Problem mit der Extreme E: Das Thema Sicherheit.

Ja, Motorsport ist gefährlich - das war bereits vor mehr als 100 Jahren so und wird sich auch vermutlich niemals komplett ändern. Es ist die Aufgabe von Veranstaltern und Regelhütern, das Risiko für alle Beteiligten - Fahrer, Offizielle und Zuschauer - weitgehend zu minimieren, was im internationalen Motorsport dank der Bemühungen der FIA seit vielen Jahren auch in den allermeisten Fällen ganz gut funktioniert. Ein gewisses Risiko bleibt jedoch immer.

Der Wüstensand in Saudi-Arabien hat seine Tücken. Auch am Wochenende zeigte sich immer wieder, dass dies besonders in den schnellen Streckenabschnitten kein geeigneter Untergrund für Kurven ist. So überschlug sich nicht nur Christine Giampaoli Zonca im Qualifying und brach sich bei dem Unfall den Fuß, auch Fahrer wie Sebastien Loeb und Nasser Al-Attiyah konnten einen Überschlag jeweils nur knapp vermeiden und fuhren bei hohen Geschwindigkeiten auf zwei Rädern.

Das sieht zwar spektakulär aus und bringt auch viele Klicks auf Social Media und YouTube, aber in meinen Augen wird hier die Gesundheit und vielleicht sogar das Leben der Pilotinnen und Piloten aufs Spiel gesetzt.

Ein weiterer Punkt sind die Geschwindigkeitsunterschiede innerhalb des Feldes: Ich will das jetzt nicht auf das Geschlecht schieben, aber faktisch ist es so, dass in der Extreme E Offroad-Vollprofis wie Loeb, Al-Attiyah, Johan Kristoffersson oder Kyle LeDuc gegen Pilot:innen antreten, die eigentlich nur Amateur-Status haben. Wenn sie denn überhaupt nennenswerte Erfahrung im Offroad-Bereich haben, so wie Jamie Chadwick im letzten Jahr.

Kurz vor dem schweren Unfall im Finale
"Multi-Class-Racing" auf dersel-ben Strecke kann grundsätzlich funktionieren, das sieht man beispielsweise in der WEC, wo Hypercars gemeinsam mit LMP2-Boliden und GT-Fahrzeugen auf der Strecke sind. Allerdings ist das bei einem Offroad-Rennen mit großer Staubentwicklung nochmal eine ganz andere Liga. Hier sind die Fahrer in den Rennen gegeneinander oft im Blindflug unterwegs.

Dass Tanner Foust im Boliden von McLaren XE unverletzt geblieben ist, als er im Finale mit hohem Geschwindigkeitsüberschuss Mikaela Ahlin-Kottulinsky im Auto von Rosberg X Racing traf, war in meinen Augen pures Glück. Genau wie schon im letzten Jahr beim Desert X Prix bei Kyle LeDuc, als er auf Claudia Hürtgen auffuhr.

Hier müssen die Verantwortlichen der Rennserie in meinen Augen dringend eingreifen. Sonst ist es nur eine Frage der Zeit, bis dass mal jemand ernsthaft verletzt wird.

Foto: Charly Lopez / Extreme E

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