Formel 1: Großer Preis von Bahrain 2021

Grüße, Freunde des Rennsports. Nach dem Formel-1-Saisonauftakt 2021 möchte ich in meinem Blog auch in das neue Rennsportjahr starten. Das Thema ist nach dem Rennen gestern die oft diskutierten Track Limits und der Umgang der Rennleitung mit der Einhaltung bzw. Nichteinhaltung eben jener.

Max Verstappen hatte beim Überholmanöver gegen Lewis Hamilton in Kurve vier die Strecke mit allen vier Rädern verlassen. Er wurde in der Folge angewiesen, Hamilton wieder passieren zu lassen. Zuvor hatte Hamilton jedoch genau an dieser Stelle immer wieder eine Linie abseits der eigentlichen Rennstrecke gewählt, was jedoch ohne Konsequenzen blieb.

Ich persönlich weiß nicht, ob Formel-1-Rennleiter Michael Masi ein Fan von Langstreckenrennen ist. Das Qualifying zu den 24 Stunden von Spa im vergangenen Jahr kann er jedoch nicht gesehen haben. Nur so ist zu erklären, warum er in der Fahrerbesprechung (und den Event Notes zum Bahrain GP) angekündigt hat, für das Rennen keine Überwachung der Track Limits in Kurve 4 durchzuführen, wenn es beim Verlassen der Rennstrecke nur um die Verbesserung der Rundenzeit geht.

Kurz zur Erinnerung: In Spa 2020 wurden die Track Limits im Qualifying wegen Personalmangels aufgrund der COVID-19-Einschränkungen nicht überwacht, was zu absurden Szenen führte, da sämtliche Fahrer die asphaltierten Auslaufzonen nahezu vollständig in ihre Ideallinie einbezogen. Das führte zu einem großen Shitstorm, unter anderem auch Allan McNish, Oliver Jarvis, Nicki Thiim und Laurens Vanthoor beteiligten sich auf Twitter an der Kritik.


Was dann im Großen Preis von Bahrain passierte, war nur logisch. Oder wie der Pole-Sitter der 24 Stunden von Spa, Raffale Marciello, nach seiner Pole-Runde (siehe unten) über die Track Limits sagte: "Wenn ich sie respektieren muss, dann tue ich es. Wenn nicht, dann eben nicht. Ganz einfach."

Wenn zwei das Gleiche tun, ist es noch lange nicht dasselbe

Mit Hilfe der Onboard-Aufnahmen von F1TV hat ein Twitter-User dokumentiert, dass Lewis Hamilton an dieser Stelle 29 mal (!) die Strecke verlassen hatte. Was hat Masi anderes erwartet? Wenn man die Büchse der Pandora öffnet, muss man damit rechnen, dass vielleicht auch etwas rauskommt, das man sich nicht gewünscht hat.


Mitten im Rennen hat Masi es sich dann wohl anders überlegt. Das sagte zumindest Hamiltons Renningenieur Peter Bonnington seinem Fahrer am Teamfunk, als er ihn darauf hinwies, dass Mercedes eine Nachricht der Rennleitung erhalten habe. Sein nächster Verstoß an dieser Stelle würde mit einer Verwarnungsflagge und danach mit einer Zeitstrafe von fünf Sekunden geahndet.
Hamiltons Antwort: "Ich dachte, da gibt es im Rennen keine Track Limits?"

Masi widerspriche Mercedes-Darstellung - was stimmt denn nun?

Masi selbst behauptet jedoch, im Rennen habe es keine Änderung gegeben und die beiden Personen, die für die Überwachung in Kurve 4 zuständig gewesen seien, hätten bis Runde 53 (Verstappens Überholmanöver gegen Hamilton) nichts auffälliges gemeldet. Offensichtlich hat hier jemand die Unwahrheit gesagt. Wer das war, wage ich nicht zu beurteilen. Dass von Seiten von Mercedes eine Warnung seitens der Rennleitung erfunden und diese dann Hamilton per Funk mitgeteilt wurde, klingt für mich jedoch merk- und auch fragwürdig.

Aber zurück zu Runde 53: Verstappen griff Hamilton auf der Außenseite von Kurve vier an, verließ die Strecke und verschaffte sich so die notwendigen Meter, um vor dem Mercedes auf die Strecke zurückzufahren. Damit hatte er sich - anders als Hamilton in den angesprochenen 29 Fällen zuvor - im Zweikampf einen direkten Vorteil verschafft. Die logische Konsequenz: Er musste die Position zurückgeben, ansonsten hätte er eine Strafe erhalten (mutmaßlich 5 oder 10 Sekunden).

Eine richtige Entscheidung, zumal dies den Fahrern auch vorher klar mitgeteilt wurde, da es sich um einen "anhaltigen Vorteil" (lasting advantage im englischen Original) handelt. Aber ist ein kleiner Zeitgewinn in fast 30 Fällen nicht ebenso ein anhaltender Vorteil? Und wo zieht man hier die Grenze? Sind 10 oder 20 Fälle noch okay?

Bleibt nur zu hoffen, dass sich das Regel-Tohubawohu mit den Track Limits nicht (schon wieder) über die gesamte Saison hinzieht. Besonders Gelegenheitszuschauern ist nur sehr schwer zu vermitteln, dass das Verlassen der Strecke mal in Ordnung ist und mal nicht. Angesichts des in dieser Saison augenscheinlich relativ engen Kampfes um die Spitze würde ich nach einem Rennen viel lieber über das Sportliche diskutieren.

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